Locke un sini Pfuusbacke

Wolfgang Miessmer singt alemannische Lieder von Christian Sade für "Blas-Big-band" neu arrangiert.

"Mir sin Alemannisch", "Schnäggehiisli", "Hans im Schnogeloch", "Es taget im Walde", "Weiß mir ein Blümli", "Warnung vor den Franzosen", "Mir Lüt uf em Land", "Es isch emol e Bur gsi", "Es het e Bur e Töchterle", "Hopp Marianele", "In Muetters Stübeli", "Hit isch Kilwi", "Am Mändig e Brägel", " 's bucklig Männli", "Die Gedanken sind frei."

Anmerkung Christian Sade: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass ich versuche aus den Texten der alemannischen Lieder etwas aussagekräftig, polemisch, lustig, kritisch oder gar dramatisch hervorzuheben.
Dann versuche ich es in Musik umzusetzen, ein bisschen wie im Filmmusik oder in einen Oper, die eine Atmosphäre unterstützt. Die Musik erzählt die Geschichte mit: Programmmusik

Und es klingt, live auf der Bühne, ungefähr so: "Weiß mir ein Blümli"

Anmerkung Sade: "Bei diesem Lied, geht es um der Trauer,  die Machtlosigkeit und die Wut über unerwiderte Liebe. In der ersten Strophe ist alles klar. Renaissancemusik, Mottete. Dann Zwischenspiel, barock aber leidvoller.
Zweite Strophe, jetzt kommt es raus. Die Liebe ist verschmäht. Es wird zunehmend traurig,  deprimierend, mit am Ende einer mittelalterlichen Kadenz.
Aber die Wut explodiert. Die Gewalt der Gefühle in Gestalt einer Mischung  aus Punk und zeitgenössischer Musik? Wie auch immer: Es tut weh. Das Thema wird misshandelt, wie Aufrufe, zur Vernunft zu kommen, die abgeschmettert werden.
Wenn der (oder die) Unglückliche erschöpft ist, bleibt nur noch ein zynisches Dur-Akkord. "Ja, ja ich werde es überleben. Die Welt ist in Ordnung"
Die dritte Strophe will zeigen, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Es fängt an ganz unten in der Stimmungsskala, wird aber zunehmend fröhlicher, Kopf-hoch- Stimmung. Und zum Ende bleib ein Rest Zweifel: Der Sommer kommt bestimmt. Kommt die (der) Geliebte auch dann wirklich?"

Oder auch so: "Hans im Schnoogeloch"

Anmerkung Sade: "Es fängt ja so harmlos an: bäuerliche Bourree, samt Zwischenspiel, Tamburine. Erst bei der vierten Strophe fängt's an schräg zu werden. Die Frau kriegt ein paar Takte Walzer, dann wird es heftiger.
Aber schon tickt die Uhr der Depression, es klingt wie ein Horrorfilm. Hans wirkt verrückt. Beim anschließenden Bigband –swing kann man den Hans auf den Tischen tanzen sehen, alles und jeden auf der Kopf stellen. Manisch, halt!"

und die SWR mit Klau Gülker findet es so:

Interview SWR
 


         Der Name Wolfgang Miessmer lässt es schon erahnen. Das Programm bietet alemannisches Liedgut - allerdings von Christian Sade in  modernem Bigband-Sound verpackt.
           Über Wolfgang Miessmer müsste man eigentlich nichts mehr berichten. Trotzdem hier ein paar Stationen: er war Gründungsmitglied der Gälfiässler, ist Mitglied der Muettersproch-Gsellschaft, reist derzeit mit einem eigenen Programm durch die Lande und geht auch in Schulen, um bei den Kindern das Interesse an der Mundart wieder zu wecken.
           Der französische Komponist und musikalische Leiter Christian Sade ist erst seit Kurzem in Süddeutschland, hat sich einen Namen in der internationalen Theater- und Variétészene gemacht, orchestriert auch für Film und Fernsehen und arbeitete an den unterschiedlichsten Aufträgen (Mikis Theodorakis, Deutsches Technikmuseum, Zirkus Roncalli, Pomp, Duck and Circumstances, Carribean All Star, Düsseldorfer Stadttheater u.a.) studierte Klassik in Paris, lebte in Amsterdam, Köln und Berlin und ist nun in der Ortenau als Dirigent tätig. In seinem Metier Jazz versucht er weiterhin Akzente zu setzen. Die erste Seelbacher Jazz-Nacht war 2007 ein überwältigender Erfolg.
           Für dieses Projekt hat Christian Sade zwanzig Spitzenmusiker aus den Blasorchestern der Region zu einem einzigartigen Ensemble zusammen gebracht. Bei der ersten Aufführung des Konzeptes im letzten Herbst mit einer Blaskapelle wurde schon diese neue Fusion von traditionellen alemannischen Liedern, rockiger Blasmusik und Big Band Sound mit großer Begeisterung aufgenommen, wie Harald Noth in der Badischen Zeitung vom 3.11.2007 schrieb:

        "...e Konzert ani glegt, wiäs es bishär nonit gä het im Badische Ländli. Diä Neiheit isch aber zum e große Deil im e gebirtige Franzos z verdanke, im Christian Sade, wu z Bueche dirigiärt un aü komponiärt. Dr Miässmer het d Quätschi gnumme un s "Schnäckehiisli" gsunge un s Publikum mit – do isch ke Aüg drucke un ke Müül zue bliibe - un drno isch d Orkeschterversion vum Christian Sade kumme – am Afang klassisch bedächtig, zum Schluss zum Raggae gsteigeret. Eso aü "In s Mueters Stibili", "Dr Hans im Schnogeloch" un anderi Liäder. D Müssikante hän beachtligs Niveau zeigt un sälI Zitat het basst, wu dr Schill Friedbert vordrait het: "Tradition bedittet s Fiir wittergä un nit d Äsche abätte!"

Noch nicht ganz überzeugt? Hier noch mehr zu lesen:

Badische Zeitung vom Dienstag, 26. Februar 2008

Alemannische Filmmusik
Schräger Liederabend putzt die Ohren für scheinbar bekannte Klassiker des heimischen Liedguts

LAHR. Es war ein Zusammentreffen, das zum Volltreffer wurde. Unter dem Titel "Alle manisch" brachten Wolfgang Miessmer, Ex-Gälfiässler und Interpret alemannischer Lieder, und der in Seelbach lebende Komponist, Arrangeur und Jazzer Christian Sade, mit Hilfe einer 20-köpfigen Big Band ihre jeweiligen Kunstrichtungen zusammen.

Sade schrieb also in kürzester Zeit 15 Big-Band-Arrangements zu alemannischen Liedern, die Miessmer singen sollte. Das Ziel: Traditionelle Lieder aus der Ohrensessel-Ecke zu holen. Es ist mit Bravour gelungen!

Bei "In Mueders Stübele . . . " gibt die Tuba gibt eine der Grundstimmung entsprechende düstere Klangfarbe vor, die Bläser intonieren Windgeräusche (" . . . do blost dr Wind" ) das "Hm-hm-hm" , das die Strophen unterbricht, ist unrund, die Töne reiben: Kein heimeliges Wiegen, sondern ein Stolpern, ein sich gerade noch einmal fangen. Es sei ein Bettellied, erklärte Miessmer: "Christian findet daran nichts Gemütliches, deshalb dieses Arrangement." Und so rumort es in den Posaunen, der Rhythmus wird aggressiv, "I can’t get no satisfaction" von den Rolling Stones wird kurz zitiert. Das Blech peitscht, die Trompeten stoßen gequälte Schreie aus. Als die beiden Bettler aus dem Lied ihr Tun absprechen — "Du steh’sch vors Lädele . . . " — wird die Musik drohend. Die könnten auch einbrechen, stehlen oder gar rauben.

Dann kommt eine großartige Stelle, in der die Musik sich zur Ruhe zwingt, den Groll hinunterwürgt, die Bitternis mit "netten" Harmonien übertüncht für das " . . . und i sag Dank" am Ende. Sade und Miessmer machen aus dem Lied ein Drama, einen Film.

Ähnliches gelingt bei dem 1350 entstandenen Minnelied "Weiß mir e Bluemle" , eine Ballade um einen von der Liebsten Verlassenen, wunderschön poetisch. Das Blümlein ist "abgemähet wohl in dem Herze mein." Sade greift diese Poesie auf. Miessmer mit rauer Stimme singt halb, spricht halb den Text, zu Klarinette, Bassetthorn und Flöte, dahinter ein gedeckter Hornton. Es ist tief anrührend. Dann stampfen Pauken, Tuba, Posaunen los, der Rhythmus wird kantig-aggressiv, das Blech schmettert im Stakkato. Doch schimmert in den Trompeten das lyrische Thema von eben wieder auf, setzt sich durch und führt zu einem Seufzer der Hoffnung.

Das lustige "Mir Lüt uf’m Land" mit seiner überidyllischen Fröhlichkeit wird teils als Calypso mit Xylophon und schillerndem Trompetenklang, teils als flotter Ländler inszeniert. Reggae, Swing, Vaudeville, Rock, Walzer — alles ist erlaubt.

Die Band spielt mit Laune, und Miessmer als Sänger übertrifft sich selbst, agiert und deklamiert wie ein alemannischer Ernst Busch mit großer Geste, mit Pathos, mit Listigkeit und Hintersinn. Eine Tournee durch die Regio würden sie gerne machen, erzählt er. Hoffentlich klappt’s. Die Sache ist zu gut, um nur einmal aufgeführt zu werden.

Robert Ullmann
 


Noch nicht genug? Hier geht's noch schmeichelnder zu:
 

Lahrer Zeitung - Dienstag, 26. Februar 2008

Ein Programm der Extraklasse
"Alle manisch" mit Christian Sade und Wolfgang Miessmer überzeugt das Publikum
(Von Christine Breuer)

LAHR-   Christian Sade und Wolfgang Miessmer – sie sind wie Topf und Deckel, die sich gefunden haben. Was die beiden mit 20 Musikern aus Seelbach und Schmieheim unter dem Motto "Alle manisch" ausgekocht haben, begeisterte das Publikum im "Schlachthof" restlos.

        Die "symbadische Liedle", die man von. Wolf gang Miessmer kennt, wurden durch  Arrangements von Christian Sade zu einem Genuss der Extraklasse. Da kam es denn schon mal vor, dass es »In Muetters Stübele« keine "Satisfaction« gab, das »Schnäggehiesli« in karibischem Reggae endete und auch Johann Sebastian Bachs »Toccata« einen Platz fand. Ganz schräg wurde es für den »Hans im Schnogeloch«, dessen Melodie Sade erst original und dann immer jazziger aufbereitet hat. Und bei dem romantisch schnulzigen Liebeslied »Weiß mir e Blümli« aus dem 14. Jahrhundert, das von verschmähter Liebe erzählt, stampfte plötzlich ein Zug durch den Saal und verhinderte, dass den Zuschauern vor Rührung die Tränen kamen.

        Sie passen gut zusammen, ergänzen sich optimal, der revolutionäre Badener und der quirlige Franzose in seinem ungewöhnlichen Outfit, das mit weißer Lockenwallemähne, Lederhose mit Kummerbund und Frack einen Mix aus Oper und Rockkonzert suggeriert.  Der »Gallier«, der seine Sympathie zu den Badenern ganz versteckt mit badischfarbenen' Hosenträgern unter seiner Jacke zeigte, versprühte nicht nur Lebenslust und französischen Charme, sondern zeigte neben seiner Musikalität auch noch  komödiantische Züge. Beim Dirigieren seiner Pfuusbacke lebte und tanzte er förmlich mit, seinen Mitstreiter Wolf gang Miessmer kündigte er in anmutig klingendem französischen Akzent als »Badener, der ungestraft mit Schwaben herumzieht und dafür noch eine Medaille bekommt«, an. Miessmer wiederum erzählte Stationen aus dem Lebenslauf Sades, wobei dieser bescheiden versuchte, sich hinter seinen Musikern zu verstecken. Doch der Lobgesang dauerte nicht sehr lange.

        Miessmer wäre nicht Miessmer, wenn er nicht noch eins drauf gesetzt hätte. Die Tatsache, dass Christian Sade im Schmieheimer Schlösschen wohnt, nutzte der »Revoluzzer« gleich wieder aus, um dem geschmeichelten Musiker Sade mit dem Lied »Warnung vor dem Franzosen« einen Dämpfer zu verpassen.


Reicht das noch nicht? Also gut noch einen :

Lahrer Anzeiger - Dienstag, 26. Februar 2008

»Schnäggehiisli« im Reggae-Stil
Bei »Alle Manisch!« trifft alemannisches Liedgut auf moderne Blasmusik / Brauchtum weitergeben

Mit dem Cross-Over- Projekt »Alle Manisch!« zeigten Mundart-Sänger Wolf gang Miessmer und »Locke un sini Pfuusbacke« erfolgreich, wie traditionelles alemannisches Liedgut in der Neuzeit klingt. Für Verblüffung war jedenfalls gesorgt im Schlachthof.
VON GEORG BRUDER

Lahr. Was kommt dabei her­aus, wenn ein badischer und ein französischer Küchenchef gemeinsam am Herd experi­mentieren? Für den Gourmet liegt das auf der Hand: In den meisten Fällen eine neue, sehr leckere Kreation. Aber auch die Liebhaber von Kunst und Kul­tur kommen beim Mix aus badi­scher Bodenständigkeit und französischer Lebensfreude auf ihre Kosten. Das bewiesen Mundart-Sänger Wolfgang Miessmer (»Muettersprochler« und »Gälfiäßler«-Gründungs­mitglied) aus Seelbach und der französische Komponist und Musiker Christian Sade alias »Locke« am Sonntagabend im Lahrer Schlachthof.
       »Alle Manisch!« heißt das aktuelle Projekt der beiden Ausnahmekünstler, bei dem alemannisches Liedgut auf mo­derne Blasmusik trifft. Und so erklangen traditionelle Weisen wie »dr' Hans im Schnooge­loch« oder »Schnäggehiisli« mal als bäuerliche Bouree, mal im verrückten, schrägen Big­band-Sound oder gleich im »Scheckentempo-Reggae«, die badische Gemütlichkeit symbo­lisierend, von der kleinen Schlachthof-Bühne. Auf der fanden immerhin 20 »Pfuusbacke« - engagierte Blasmusi­ker aus der Region - Platz, die sich auf das bislang einmalige Experiment eingelassen hat­ten.
        »Tradition bedittet s'Fiir wittergä un nit d' Äsche abätte«, erklärte Miessmer die Ziele des Projekts. Also: das Brauchtum leben und durch eine zeit­gemäße musikalische Präsenta­tion an die jüngere Generatio­nen weitergeben. Ein Konzept, das den beteiligten Musikern und dem Mundart-Sänger zu­nehmend Freude bereitete. Ei­ne Erkältung hielt den Vollblut­musiker jedenfalls nicht davon ab, mit Heckerhut, badischer Flagge und seinem Akkordeon die Bühne zu stürmen, wo er spätestens im zweiten Teil des Abends bei »Hopp Marianeli« mit Band-Begleitung seine Rocker-Qualitäten unter Be­weis stellte und so richtig auf­drehte.

»Des war's Gröschde«
       Nach der gemeinsam gesungenen badischen Freiheitshymne (»Die Gedanken sind frei«) waren die 140 Zuhörer im ausverkauften Schlachthof am Ende mit Miessmer einer Meinung: »Des war's Gröschde«. Den entscheidenden Anteil an diesem Erfolg lieferte sicher­lich Komponist und Dirigent Christian Sade, dessen interna­tionale Erfahrung im Bereich Theater, Variété, Filmmusik und Musical in jedem der Stücke zu hören war. Sade hatte sich über ein halbes Jahr lang über jede einzelne Zeile des ale­mannischen Liedguts Gedan­ken gemacht und diese in pas­sende Klänge umgesetzt.

Obwohl der französische Di­rigent erst seit kurzem in Süd­baden lebt, bewies er dann nach zwei leidenschaftlich geforder­ten Zugaben, dass er inzwi­schen zumindest etwas aleman­nische Mundart spricht. Mit ei­nem entschuldigenden »Mehr hämma net!« verabschiedeten sich die Protagonisten von der Bühne - versprachen aber wie­derzukommen. Am 24. Mai geht das Projekt in der Lahrer Sulzberghalle in eine neue Runde.

 


Und diese und mehr Presseartikel in Originalform:

  • Alle manisch - BZ - 19.II.08
  • Artikel G.Bruder
  • BZ-23-II-08
  • LZ 26-02-08
  • BZ-26-02-08
  • Locke-STAZ
  • LZ-12.02.08
  • Pfuusbacke BZ-Ticket 11.06.08
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